Uniklinik Köln, Klinikum der Universität München (LMU Klinikum)

PallPan | Nationale Strategie für Palliativversorgung in Pandemiezeiten

Entwicklung einer nationalen Strategie für die Betreuung schwerkranker, sterbender sowie verstorbener Erwachsener und deren Angehörige in Pandemiezeiten. Alle Versorgungsbereiche, die schwerkranke und sterbende Menschen behandeln und begleiten, haben gemeinsam Handlungsempfehlungen und Informationsmaterial zur Palliativversorgung von Patienten mit/ohne Infektionen erstellt.

Dieser bisher größte strukturierte Zusammenschluss der universitären Palliativmedizin in Deutschland sorgte dafür, die Belange schwerkranker und sterbender Menschen und deren Angehörigen effektiv im Vorgehen gegen die Pandemie zu berücksichtigen und damit die Behandlung zu verbessern.

Das Forschungsnetzwerk Palliativmedizin ist ein Zusammenschluss von 13 universitären palliativmedizinischen Einrichtungen im Rahmen des Netzwerkes Universitätsmedizin (NUM) und vereint alle Palliativ-Lehrstühle in Deutschland sowie weitere Palliativeinrichtungen an Universitätskliniken und weitere Kooperationspartner. Dadurch werden wissenschaftliche Kompetenzen und lokale Netzwerke gebündelt um einerseits unterschiedliche Aspekte der palliativmedizinischen Versorgung in der aktuellen Pandemiesituation aufzuarbeiten und andererseits das Ziel des Projektes, die Erarbeitung einer nationalen Strategie in kürzester Zeit zu ermöglichen. Nur so können die Vielschichtigkeit und Komplexität der Pandemiesituation durchdrungen werden.

Ziel des Projektes war die Entwicklung und Konsentierung einer nationalen Strategie für die Betreuung schwerkranker, sterbender Erwachsener und deren Angehörige in Pandemiezeiten mit

  1. Handlungsempfehlungen zur allgemeinen und spezialisierten Palliativversorgung von Patienten mit/ohne Infektion auf Mikro-, Meso- und Makroebene,
  2. Sammlung und Entwicklung von Informationsmaterial für die geplante Online-Informationsplattform sowie
  3. Identifikation von Variablen zur wissenschaftlichen Erfassung der Palliativversorgung in Pandemiezeiten für die vom Nationalen Forschungsnetzwerk Universitätsmedizin geplante Forschungsdatenbank.

In mehreren Arbeitspaketen wurden verschiedene Aspekte der Betreuung von schwerkranken und sterbenden Menschen und ihrer Angehörigen in der aktuellen Pandemiesituation aufgearbeitet. Dazu gehörten die Erfahrungen von Patient*innen und Angehörigen, die ambulante (Palliativ-) Versorgung durch Hausärzt*innen, weitere niedergelassene Ärzt*innen, ambulante Pflegedienste, Alten- und Pflegeheime und Einrichtungen der Eingliederungshilfe, aber auch die Versorgung in Krankenhäusern auf Allgemein- und Intensivstationen. Des Weiteren wurden die Auswirkungen der Pandemie auf die spezialisierte Palliativversorgung im ambulanten und stationären Bereich untersucht. Die Aktivitäten von Krisenstäben und öffentlichen Einrichtungen (RKI, BMG, Krankenhäuser, Kommunen, Gesundheitsämter, Rettungsdienste, Kassenärztliche Vereinigung, Ärztekammern, etc.) wurden evaluiert mit dem Fokus auf die Betreuung von Schwerkranken und Sterbenden. Außerdem flossen nationale und internationale Publikationen zur Palliativversorgung in Pandemiesituationen in die Handlungsempfehlungen mit ein.

Für die vom Teilprojekt erstellten Online-Informationsplattformen wurden relevante Informations- und Schulungsmaterialien zur Palliativversorgung in Pandemiezeiten gesammelt und Variablen zur wissenschaftlichen Erfassung der Palliativversorgung in Pandemiezeiten der vom Netzwerk Universitätsmedizin geplanten Forschungsdatenbank zur Verfügung gestellt (vgl. Website-Verlinkungen am Ende des Textes).

In der SARS-CoV2-Pandemie fokussierten sich die Aktivitäten der medizinischen Versorgung v.a. auf die Einrichtung von Intensivbetten für akut COVID-19 Erkrankte. Trotz des in Deutschland abgeschwächteren Verlaufs verstarben über 115.000 Menschen an bzw. mit COVID-19 (Stand: Januar 2022). Aus Berichten und Publikationen von Betroffenen und (Palliativ-) Versorgern wurde deutlich, dass sowohl die Ermittlung individueller Patient*innenpräferenzen, als auch die Qualität der Betreuung von Schwerkranken und Sterbenden sehr unterschiedlich war.

Die palliativmedizinische Begleitung von schwerkranken und sterbenden Menschen mit und ohne infektiöses Geschehen ist die Aufgabe aller im Gesundheitswesen Tätigen. Das trifft auch in Pandemiezeiten zu. Die spezialisierte Palliativversorgung leistet hier einen wesentlichen Beitrag direkt in der Betreuung der Betroffenen und indirekt durch Unterstützung der Primärbehandelnden. Aufgrund der Expertise und Erfahrung sind spezialisierte Palliativversorger, wie sie in diesem Netzwerk zusammengeschlossen sind, am besten in der Lage, in enger Kooperation mit Allgemeinversorgern und Spezialisten aus der Hygiene, Infektiologie, Infektionsmedizin u.a. eine entsprechende nationale Strategie zur Palliativversorgung in Pandemiezeiten zu entwickeln.

Das Forschungsnetzwerk Palliativmedizin arbeitete in 10 verschiedenen Arbeitspaketen die aktuelle Pandemiesituation auf und entwickelte die nationale Strategie (s. Abb.).

Arbeitspakete 1-6 arbeiteten die Erfahrungen aus der aktuellen SARS-CoV2-Pandemie unter dem Aspekt der (Palliativ-)Versorgung von schwerkranken und sterbenden Menschen und ihren Angehörigen aus den Blickwinkeln von Patient*innen und Angehörigen (AP1), der allgemeinen und spezialisierten Palliativversorgung im ambulanten und stationären Bereich (AP 2-5) und der Krisenstäbe auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene (AP6) auf. Hierbei wurde insbesondere darauf geachtet, dass alle Bereiche der Patient*innenversorgung, die schwerkranke und sterbende Menschen behandeln und begleiten, in die Abfrage ihrer Erfahrung in der SARS-CoV2-Pandemie einbezogen und berücksichtigt wurden.

Die nationale und internationale Evidenz zur Palliativversorgung und der SARS-CoV2-Pandemie, bzw. in Pandemiesituationen generell, wurde in AP7 recherchiert und zusammengefasst. Dieses Arbeitspaket identifizierte auch laufende Studien zur Palliativversorgung während der SARS-CoV2-Pandemie, deren Ergebnisse relevant für die nationale Strategie und die Handlungsempfehlungen sein konnten.

Die Handlungsempfehlungen wurden von Anfang des Projektes an in AP8 entwickelt. Die Ergebnisse der parallel laufenden und zuvor beschriebenen AP flossen fortlaufend in die Entwicklung der Handlungsempfehlungen ein.

Informationsmaterialien und Best Practice-Beispiele wurden in AP 9 für die zu schaffende Online-Informationsplattform gesammelt und gesichtet.

AP 10 diente dem Projektmanagement und der Koordination des Forschungsnetzwerks.

Alle Ergebnisse der Arbeitspakete und die Outputs (Handlungsempfehlungen, Material für Informationsplattform und Variablen zur wissenschaftlichen Erhebung) zu beschriebenen Arbeitspaketen wurden anderen Projekten im Netzwerk Universitätsmedizin zur Verfügung gestellt.

Für eine zukünftige "Pandemic Preparedness“ sind nationale Empfehlungen und Konzepte notwendig, um sicherzustellen, dass schwerkranke und sterbende Menschen auch in einer Pandemiesituation eine qualitativ hochwertige Begleitung am Lebensende erhalten und ein würdiges Sterben auch unter Extremsituationen möglich ist. Angehörige sollen auch unter erschwerten Umständen von ihren Lieben adäquat Abschied nehmen können.

Außerdem wurden relevante Informations- und Schulungsmaterialien zur Palliativversorgung in Pandemiezeiten für die vom NUM geplante Informationsplattform gesammelt und bereitgestellt.

In 16 Studien wurden innerhalb von 9 Monaten über 1.700 Betroffene, Versorgende und Verantwortliche im Gesundheitssystem und in der Politik nach ihren Erfahrungen gefragt und deren Aussagen systematisch untersucht und ausgewertet. Auf Basis dieser Ergebnisse und mit Hilfe von 120 Expert*innen aus den verschiedenen Bereichen von Gesundheitswesen, Verwaltung und Politik wurde dann die Nationale Strategie für die Betreuung von schwerkranken und sterbenden Menschen und ihren Angehörigen in Pandemiezeiten entwickelt und konsentiert. Kernstück der Strategie sind 33 konkrete Handlungsempfehlungen, die sich in drei Abschnitte gliedern: Patient*innen & Angehörige unterstützen, Mitarbeitende unterstützen und Strukturen und Angebote der Palliativversorgung unterstützen und aufrechterhalten. Sie finden alle Handlungsempfehlungen unter folgendem Link:

Nationale Strategie für die Betreuung von schwerkranken und sterbenden Menschen und ihren Angehörigen in Pandemiezeiten (PallPan) | Zenodo

Nach Veröffentlichung der Handlungsempfehlungen arbeitet der PallPan-Verbund schon an weiteren Vorhaben: den Aufbau einer webbasierten Informationsplattform, die Entwicklung von Unterstützungsmaterialien für trauernde Angehörige sowie Mitarbeitende in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern, die Integration von PallPan in eine „Nationale Pandemic Preparedness“ für das deutsche Gesundheitswesen sowie die stetige Weiterentwicklung der Handlungsempfehlungen.

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