NU(M)KRAINE | Infektionsmedizinisches Screeningprogramm des Netzwerks Universitätsmedizin für Flüchtlinge aus der Ukraine

Menschen, die sich auf der Flucht befinden, sind einem höheren Risiko für die Entwicklung von Infektionserkrankungen ausgesetzt. Das Projekt NU(M)KRAINE wird von Infektiolog*innen und Epidemiolog*innen geleitet und hat es sich zum Ziel gesetzt, bundesweit das Vorliegen von ausgewählten akuten und chronischen Infektionserkrankungen sowie den Impfstatus mittels Befragung und umfassender Analytik bei über 2000 aus der Ukraine Geflohenen jeden Alters zu erfassen. Bei unbehandelten Infektionen oder unzureichendem Impfschutz erhalten Betroffene konkrete Empfehlungen für die Weiterbehandlung. Die biometrische Datenauswertung wird erstmals erlauben, den spezifischen Versorgungsbedarf für Kinder und Erwachsene abzuschätzen, um daraus datenbasierte Empfehlungen für die Verantwortlichen im Gesundheitswesen herzuleiten.

 

Zentrale Herausforderungen sind neben der oft schwierigen Erreichbarkeit die erschwerten Rahmenbedingungen (z.B. Sprachbarriere, Untersuchung in Aufnahmezentren, Ortswechsel) bei oft traumatisierten Menschen. Klassische Fragebögen sind für die Befragung dieser Zielgruppe daher nicht sinnvoll, und es mussten spezielle Abfragewerkzeuge entwickelt werden. Um die Vergleichbarkeit der Laboranalysen zu garantieren, muss diese zentral erfolgen, wofür ein zeitnaher Transport der gekühlten Blutproben in wenigen Stunden in ein Labor sichergestellt werden muss. Aus ethischer Sicht ist es eine Herausforderung sicherzustellen, dass die Ergebnisse nicht nur für die Allgemeinheit, sondern auch für die Betroffenen, und insbesondere auch für Kinder einen Nutzen und nicht nur zusätzliche Belastungen mit sich bringen.

Im Gegensatz zu sonst üblichen epidemiologischen Methoden erfolgen die Befragungen nur durch strukturierte semi-quantitative Interviews durch Muttersprachler*innen in Anwesenheit von Studienärzt*innen. Die Dolmetscher*innen wurden hierfür speziell geschult, so dass auch alle Fragen der Freiwilligen zu den Zielen der Studie adäquat erklärt werden können. Zur Rekrutierung werden neben Flyern und Videos in großem Ausmaß von Ukrainer*innen genutzte soziale Netzwerke hinzugezogen. Für die Analytik wurde ein zentrales Speziallabor mit hoher Expertise ausgewählt, das zeitnahe Transporte mit speziellen Kühlboxen durch eine ausgesuchte Firma sicherstellt.

Wegen der besonderen ethischen Problematik wird in der Studie eine besondere Sorgsamkeit darauf verwendet, den Studienteilnehmer*innen konkrete Empfehlungen sowie die Vermittlung einer angemessenen medizinischen Versorgung mündlich und schriftlich zukommen zu lassen.

NU(M)KRAINE kann kurzfristig Daten zu den besonderen medizinischen Bedürfnissen von Personen, die aus der Ukraine geflüchtet sind, liefern. Auf Basis dieser Daten können speziell auf Erwachsene und Kinder angepasste Empfehlungen für deren medizinische Versorgung entwickelt werden. Diese Konzepte können mittelfristig auch nachfolgenden Personen noch zu Gute kommen. Langfristig wurde mit diesem Projekt eine äußerst effiziente Struktur für die Erfassung von medizinischen Daten, die Sammlung und die Analyse von biologischen Proben geschaffen. In vergleichbaren Situationen könnte diese Struktur erneut aktiviert werden, um neue Fragestellungen kurzfristig zu beantworten.