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DEFEAT PANDEMIcs (Pandemien besiegen) | Deutsches Forschungsnetzwerk Autopsien bei Pandemien

Aufbau eines deutschlandweiten Obduktionsnetzwerks für den Pandemiefall, um schnell, systematisch und standardisiert Daten, Biomaterialien und Erkenntnisse möglichst vollständig, umfassend und zeitnah zu erfassen, zusammenzuführen und den Netzwerkpartnern zur Auswertung zur Verfügung zu stellen. 

Die einzigartige Vernetzung der meisten pathologischen, neuropathologischen und rechtsmedizinischen Institute der deutschen Universitätskliniken sowie nicht-universitärer Partner wird mit dem Aufbau einer dauerhaften Struktur zum besseren Verständnis in der Covid-19-Forschung und -Patientenversorgung beitragen.

Autopsien sind ein wichtiges ärztliches Instrument zum Verständnis von Infektionskrankheiten wie COVID-19 und Goldstandard der postmortalen Diagnostik. So konnten bereits früh während der Pandemie wichtige Erkenntnisse zum Verlauf von schweren COVID-19-Erkrankungen aufgedeckt werden. Ziel von DEFEAT PANDEMIcs ist eine deutschlandweite Vereinheitlichung der rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen sowie der pathologisch-virologischen Diagnostik bei Autopsien im Pandemiefall. Mit Etablierung der DEFEAT PANDEMIcs Plattform werden Daten, Bioproben und Erkenntnisse für die Bewältigung der laufenden COVID-19-Pandemie genutzt. Auf dieser Basis wird eine Organisationsstruktur für Autopsien geschaffen, die auf zukünftige Pandemien vorbereitet ist und flächendeckend schnell und koordiniert reagieren kann. Die Ergebnisse werden helfen, u. a. ein genaues Verständnis der pathologischen Reaktionen des Körpers bei Infektionserkrankungen und verbesserte Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten zu erzielen.

 

Medizinisch-biologische Erkenntnisse können umso genauer sein und umso schneller erzeugt werden, je mehr und schneller Informationen für entsprechende Forschungsprojekte zur Verfügung gestellt und je standardisierter die damit verbundenen Untersuchungsmaterialien (z. B. Bioproben) gewonnen werden. Die Idealvorstellung zur Bewältigung einer Pandemie ist eine Datenplattform, die hochqualitative Daten und damit verbundene Bioproben von möglichst vielen Autopsien in Deutschland für qualifizierte Forscherinnen und Forscher auffindbar, zugänglich, verknüpfbar und wiederverwendbar macht (Findable, Accessible, Interoperable und Reusable; FAIR).

DEFEAT PANDEMIcs wird rechtliche, organisatorische, technische und medizinische Maßnahmenpläne für Autopsien bei Pandemien erarbeiten und dem Netzwerk Universitätsmedizin zur Verfügung stellen. Das bereits vorhandene Deutsche Register für COVID-19-Autopsien (DeRegCovid) wird als elektronische Plattform für deutschlandweit erhobene Daten und Bioproben aus Autopsien von COVID-19 Patient*innen fungieren und nach den FAIR Prinzipien (s.o.) agieren.

Durch die deutschlandweite Harmonisierung des gesamten Prozesses von Autopsien wird die Relevanz dieser medizinischen Methode bei Pandemien unterstrichen und neu definiert. Postmortale Bioproben werden mit neuesten analytischen Methoden untersucht und das systemisch-molekulare Verständnis von Krankheiten wird entscheidend vorangetrieben. Die Risikoermittlung, Diagnostik und Behandlung von erkrankten Patient*innen wurde beschleunigt und in Verbindung mit der Bündelung von Ressourcen und Kompetenzen, z. B. durch Einbindung von hochspezialisierten pathologischen Referenzzentren, wird die Versorgung von Patient*innen in Pandemien insgesamt optimiert.

DEFEAT PANDEMIcs hat in kurzer Zeit eine Experten-, Service- und Entwicklungsplattform für die vernetzte obduktionsgetriebene Forschung in Deutschland etabliert. DEFEAT PANDEMIcs erarbeitet „Best Practices“ und Standardarbeitsempfehlungen für COVID-19-Obduktionen und die Entnahme von Biomaterial und unterstützt mit Expertise bei gewebebasierten Analysen. Dieser Nährboden erlaubt eine Fortführung der Projektarbeit und das Generieren weiterer auch klinisch relevanter Erkenntnisse aus postmortalen Daten.

Die beteiligten Obduktionszentren von DEFEAT PANDEMIcs haben eindrucksvoll gezeigt, welchen wichtigen Beitrag Obduktionen zum Verständnis der tödlichen Folgen von COVID-19 bzw. neuen (Infektions-)Erkrankungen im Allgemeinen leisten können. Es wurden zahlreiche Publikationen unter Beteiligung der Wissenschaftler*innen des Netzwerks publiziert, einige davon in den höchstrangigen Journalen der Medizin. Bis Anfang 2022 wurden von den beteiligten Obduktionszentren des Netzwerks über 140 wissenschaftliche Artikel zur Thematik COVID-19 publiziert. Einige wichtige Beispiele waren die Arbeiten zu spezifischen Lungenschädigungen bei COVID-19, thromboembolischen Ereignissen, Verteilung des Virus außerhalb der Lunge oder die Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem. Im Netzwerk wurden bereits neuartige Methoden etabliert und ausgebaut, die sich mit neuen Aspekten der Durchführung von Obduktionen infektiöser Verstorbener, der Materialgewinnung, Bearbeitung und Analyse befassen. Die Expertenzentren bieten organspezifische pathologische und virologische Analysen, welche helfen, die Krankheitsentstehung und Entwicklung von COVID-19 besser zu verstehen.

Das Deutsche Register für COVID-19-Autopsien (DeRegCOVID), weiterhin international das einzige seiner Art, bildet das zentrale, elektronische Rückgrat von DEFEAT PANDEMIcs. Es wurde im Laufe des Projekts weiter ausgebaut und an die neuen Herausforderungen der Pandemie adaptiert. So werden in der aktuellen Version bereits Daten zu Impfungen und Virusvarianten gesammelt und es wurden die Datensätze aus dem Register der Deutschen Gesellschaft für Neuropathologie und Neuroanatomie, CNS-COVID-19, ergänzt.

Intensive Öffentlichkeitsarbeit ist ein weiterer wichtiger Aspekt von DEFEAT PANDEMIcs und seiner beteiligten Partner. In allgemeinverständlichen Beiträgen wurden die Erkenntnisse über COVID-19, die mithilfe von Obduktionen erzielt wurden, in zahlreichen Medien präsentiert und wurde das Wissen über die Bedeutung von Obduktionen für den medizinischen Fortschritt im Allgemeinen verbessert.

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