Charité – Universitätsmedizin Berlin, Uniklinik Köln

COVIM | Bestimmung und Nutzung von SARS-CoV-2 Immunität

Wissenschaftliches Netzwerk zur Bestimmung und Nutzung von SARS-CoV-2 Immunität im Rahmen des bundesweiten Netzwerks Universitätsmedizin

COVIM konnte im Verlauf des Projektes wichtige Erkenntnisse zur SARS-CoV-2 Immunität gewinnen. Durch die schnelle Entwicklung von Impfstoffen gegen COVID-19 wurde das Projekt um ein weiteres Arbeitspaket ergänzt.  Dieses ermöglichte Impfungen in Deutschland durch eine multizentrische Studie wissenschaftlich zu begleiten. Somit konnte COVIM maßgeblich zum Schutz der Bevölkerung vor COVID-19 beitragen und drängende Fragen zur SARS-CoV-2 Immunität beantworten. 

Die Ausbildung einer schützenden Immunität entweder nach einer Erkrankung oder einer Impfung kann den Krankheitsverlauf von COVID-19 und damit die Pandemie entscheidend beeinflussen. Daher ist die Identifikation von Immunitätsmerkmalen und deren sichere Beurteilung sowohl auf individueller wie auch auf Bevölkerungsebene von zentraler Bedeutung. Zusätzlich stellen die Mechanismen des Immunsystems ein sehr hohes Potential für die Anwendung in der Therapie von COVID-19 dar und können zudem für die Prävention von SARS-CoV-2 Infektionen eingesetzt werden. Daher wurden zu Beginn des Projektes folgende zentrale Fragen adressiert: 

  1. Immunität bestimmen: Wer ist wodurch und wie lange vor einer SARS-CoV-2 Infektion immunologisch geschützt?
  2. Immunität übertragen: Wie kann immunologischer Schutz von wenigen immunen Personen auf viele nicht-immune Personen übertragen werden?

Zur Beantwortung dieser Fragen wurde innerhalb von COVIM in acht Arbeitspaketen immunologische, virologische, bioinformatische, epidemiologische und klinisch-infektiologische Expertise aus ganz Deutschland gebündelt. In vier Arbeitspaketen wurden Analysen zur kollektiven und individuellen Immunität durchgeführt, um ein möglichst komplettes Bild der anti-SARS-CoV-2 Immunität in der deutschen Bevölkerung zu erlangen. Mit dem ‚ImmunoHub‘ wurde ein weltweit einzigartiges Verfahren zur dezentralen Auswertung immunologischer Daten mittels schwarm-lernenden Algorithmen aufgebaut. Des Weiteren wurden regelmäßig Erkenntnisse aus internationalen Studien zusammengetragen und in einem standardisierten Prozess ausgewertet. Im Arbeitspaket ‚ImmunTranslation‘ wurden immuntherapeutische Ansätze für COVID-19 (u.a. monoklonale Antikörper, T-Zell-Ansätze) präklinisch entwickelt und in einer Translationsplattform standardisiert. So wird sichergestellt, dass jeder Standort in Deutschland Zugang zu Referenzmethoden hat und somit optimal und niederschwellig an der Entwicklung und Produktion von Immuntherapeutika mitwirken kann. Für die Nutzung von immunologischen Schutzmechanismen (z.B. durch Antikörper) wurde ein klinisch-infektiologisches Experten-Netzwerk etabliert, welches die klinische Erprobung von Immuntherapien gegen COVID-19 vorbereitete. Durch das bereits im Herbst 2020 initiierte Konsortium konnte im Frühjahr 2021 ein weiteres Arbeitspaket zur wissenschaftlichen Begleitung der in Deutschland durchgeführten Impfungen erfolgreich beantragt und etabliert werden. In dem Arbeitspaket wurden die Antikörperantwort von Risikopopulationen und von Angestellten der Universitätsklinika longitudinal beobachtet und analysiert. 

Zu Beginn der Pandemie war unbekannt, ob und für wie lange eine Infektion mit SARS-CoV-2 eine Immunität erzeugt. Durch die im Verlauf der letzten zwei Jahre aufkommenden Virusvarianten ist diese Frage zunehmend komplex geworden und wird an vielen Universitätsklinika in Deutschland untersucht. Wesentlicher Bestandteil des Projekts war daher die Vernetzung und Harmonisierung dieser Forschungsansätze sowie die Etablierung von zentralen Plattformen zur Integration von immunitätsrelevanten Daten und Kompetenzen. Das Verbundprojekt COVIM führte die Expertisen und Daten vieler Wissenschaftler*innen und Forschungsprojekten zur Immunität zusammen und förderte die Zusammenarbeit. Nach dem Projektende bietet COVIM den teilnehmenden Standorten Plattformen und Services, um ihre Ansätze zur Therapie und Prävention schneller in die klinische Anwendung zu bringen.

Durch COVIM wurden ein interdisziplinäres Kompetenznetzwerk und Strukturen etabliert, die eine schnelle und standardisierte Bestimmung von schützender Immunität gegen neue Infektionserreger, wie SARS-CoV-2 und die verschiedenen Virusvarianten, ermöglichen. Die offenen Plattformen sind auf die aktive Partizipation von Wissenschaftler*innen und Kliniker*innen aus dem gesamten Netzwerk Universitätsmedizin ausgerichtet. Alle Netzwerkpartner*innen haben sich dem offenen Austausch von Technologien, Expertise und Daten verschrieben und setzten damit neue Standards in der interdisziplinären Erforschung von Immunität. Durch die integrative Struktur des Konsortiums und durch die enge Vernetzung innerhalb des NUM wurden Synergien erzeugt, die einen deutlich beschleunigten Erkenntnisgewinn zur Immunität gegen SARS-CoV-2 und eine effizientere Umsetzung von therapeutischen und präventiven Ansätzen ermöglichen.

Im Laufe des Projektes hat COVIM sein Projektziel, die standardisierte Bestimmung von Immunität gegen COVID-19, erreicht. Zudem wurden deutschlandweit Informationen zur Prävalenz von Immunantworten gegen SARS-CoV-2 zusammengetragen und so wertvolle Informationen für das Pandemiemanagement geschaffen. Darüber hinaus wurden Therapien entwickelt, die darauf abzielen, immunologische Schutzmechanismen auf Erkrankte oder auf Personen mit hohem Erkrankungsrisiko zu übertragen. Des Weiteren wurde der ‚ImmunoHub‘ etabliert, der selbstlernend klinische Daten dezentral und am Ort ihrer Generierung auswerten kann und so die Analyse sensibler Daten vereinfacht. In der Translationsplattform von COVIM konnten Antikörper gegen SARS-CoV-2 standardisiert getestet werden, was ebenfalls für weitere Infektionskrankheiten von Bedeutung sein wird. Zur klinischen Prüfung immunologischer Konzepte wurde das Netzwerk immunologischer-infektiologischer Studien aufgebaut, dass auch nach dem Projektende Bestand hat und weiterhin klinische Studien harmonisiert. Im Rahmen der aufgebauten Infrastruktur wurden neue Medikamente und Therapieansätze entwickelt und bereits in klinischen Studien untersucht. Nicht nur für den klinischen Alltag, sondern auch bei der gesellschaftlichen Diskussion über die Impfungen gegen SARS-CoV-2 hat COVIM seine Relevanz gezeigt. Durch das Konsortium konnten Fragen zur Dauer der Immunantwort, Impfdurchbrüchen oder aber der Wirksamkeit der Impfungen gegen die verschiedenen Virusvarianten schnell beantwortet werden. 

Neben den konkreten Erkenntnissen zur Immunität gegen SARS-CoV-2 wurde innerhalb von COVIM eine Infrastruktur etabliert, um in Zukunft in kürzester Zeit belastbare Informationen über Immunität und Schutzmechanismen gegen neue Infektionserreger zu bestimmen und die Erkenntnisse therapeutisch zu nutzen. Damit erhöhte COVIM elementar die pandemic preparedness in Deutschland.

Durch den COVIM Verbund konnten im Laufe des Projektes entscheidende Fortschritte für das Verständnis der SARS-CoV-2 Immunität nach Infektion und Impfung erzielt werden. Hierzu wurden Infrastrukturen etabliert, die eine systematische Datenerhebung und Datenanalyse zur SARS-CoV-2 Immunität ermöglichen und somit die Pandemic Preparedness insgesamt deutlich stärken. Bereits früh in der Pandemie wurde eine Kohorte von COVID-19 Genesenen aufgebaut. Hier wurden mittlerweile über 1.000 Personen nach einer SARS-CoV-2 Infektion eingeschlossen und longitudinal untersucht. Des Weiteren wurde zur Sammlung und Vereinheitlichung verschiedener Seroprävalenzstudien in Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung und dem Robert Koch-Institut ein zentrales Repositorium etabliert. Die mittlerweile über 42.000 Datensätze erlauben detaillierte Metaanalysen und Modellierungen zur SARS-CoV-2 Immunitätslage in der Bevölkerung. Parallel wurde in Zusammenarbeit mit weiteren NUM-Projekten in lebenden Evidenzsynthesen nationale und internationale Studien zur Immunität, Impfung und monoklonalen Antikörpern vergleichend ausgewertet. Diese Analysen fanden Eingang in die Leitlinien zur stationären wie auch ambulanten Behandlung von COVID-19. Ferner wurde der ImmunoHub aufgesetzt, ein dezentrales Netzwerk, das mittels künstlicher Intelligenz und eines swarm-learning-Algorithmus Immunitätsdaten integriert und auswertet. Dieses weltweit einmalige Projekt vereinfacht die gemeinsame Auswertung komplexer immunologischer und klinischer Daten, da keine datenschutzsensiblen Daten ausgetauscht werden müssen, sondern die primären Datensätze an den teilnehmenden ImmunoHub-Standorten verbleiben können. Es wurde zudem ein deutschlandweites Studiennetzwerk für die standardisierte Durchführung immunologisch-infektiologischer klinischer Studien aufgebaut (NIKS). Unter anderem wird in diesem Rahmen an zehn NUM-Standorten derzeit eine bundesweite Multicenterstudie an über 1.000 ProbandInnen zur Analyse der Immunogenität und Sicherheit der COVID-19 Impfungen in speziellen Risikopopulationen durchgeführt. In weiteren Arbeiten zu Mechanismen der individuellen SARS-CoV-2 Immunität konnten zahlreiche wichtige Erkenntnisse zur humoralen und zellulären Immunität publiziert werden. 

Insgesamt wurden aus dem COVIM Verbund in den vergangenen Monaten über 50 Publikationen und Preprints veröffentlicht, die teilweise weltweit große Beachtung fanden. Daneben trugen Mitglieder des Konsortiums durch ihre Einschätzung der Projektergebnisse zur Immunität und zu den Impfungen gegen COVID-19 zur Information der Öffentlichkeit bei und sind Teil des Expertenrats der Bundesregierung.

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