Über das Projekt

Etablierung eines Netzwerks von Universitätskliniken und Hochsicherheitslaboren, um Standards für Organmodelle, gezielte Infektionen, native Gewebe- und Autopsieproben, Analysen und das Datenmanagement in Form einer vereinbarten Prozesskette zur Erforschung von COVID-19 und anderer Erkrankungen umzusetzen. Darüber hinaus sollte eine größere Anzahl an Organ-Modellen entstehen, die aussagekräftigere Studien erlauben.

Perspektivisch diente der Aufbau von spenderindividuellen nativen Gewebe- und Organoidbanken dazu, Fragestellungen der personalisierten Medizin überprüfen zu können.
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Das wichtigste im Überblick

Die direkte bzw. indirekte Beteiligung zentraler Organsysteme bei COVID-19 zu klären, ist eine besondere Herausforderung, die Organo-Strat anhand vier konkreter Zielsetzungen adressierte:

  1. Infrastruktureller Aufbau eines Nationalen Kompetenznetz Organo-Strat
  2. Klärung des Organo- und Zelltropismus von SARS-CoV-2
  3. Wesentliches Verständnis zur organspezifischen Virulenz bei COVID-19
  4. Etablierung von Wirkstofftestungen anhand präklinischer humaner Organmodellsysteme

Ad 1) Bundesweit gab es zahlreiche, jedoch vereinzelt agierende Expertengruppen für sowohl humane, organrepräsentative Modellsysteme, die bislang nicht im Infektionskontext arbeiteten. Daneben gab es auf SARS-CoV-2 Infektionen spezialisierte BSL3-Labore, denen der Zugang zu entsprechenden aussagekräftigen organbezogenen Infektionsmodellen fehlte. Um eine systematische, organspezifische Stratifikation bei COVID-19 zu etablieren, bedurfte es somit einer nationalen Zusammenarbeit in Form eines neuen Netzwerkes, bestehend aus den genannten Akteuren sowie weiteren Partnern, die für eine strukturelle und effektive Umsetzung und Erarbeitung von belastbaren Ergebnissen notwendig waren. Ziel war es, mit genannten Gruppen und zugeordneten Rollen ein Netzwerk strukturell zu etablieren, in welchem Standards für Organmodelle, gezielte Infektionen, native Gewebe und Autopsieproben, Analysen und das Datenmanagement in Form einer vereinbarten Prozesskette für COVID-19 und darüber hinaus wirksam werden konnten.

Ad 2) Nach Kenntnisstand zu Projektbeginn mussten für SARS-CoV-2 permissive Zellen spezifische Wirtsfaktoren mitbringen, welche den viralen Eintritt, die Reifung und Vermehrung unterstützen. Die Literaturlage bzgl. Beteiligung verschiedener Organsysteme und deren Zelltypen war jedoch bislang uneindeutig und fragmentiert. Belastbare Daten, welche eine Inter-Organ-Relation von permissivitätsbestimmenden Wirtsfaktoren auf mRNA und Proteinebene zulassen, waren dringend erforderlich und mussten zudem mit viraler Vermehrungsfähigkeit und den individuellen Spenderdaten in Zusammenhang gesetzt werden. Die Bestimmung dieser Faktoren und Beziehungen wurde innerhalb von „Organo-Strat“ verfolgt und in nativen bzw. COVID-19 Geweben abgeglichen. Durch den Aufbau von spenderindividuellen nativen Gewebe- und Organoidbanken entstand zudem die Möglichkeit, zukünftig Fragestellungen der personalisierten Medizin zu prüfen.

Ad 3) Virusinfizierte Zellen unterziehen sich i.d.R. definierten Schädigungsmechanismen und setzen währenddessen, und zum Zwecke der Immunaktivierung, weitere Faktoren frei. Die Identifikation betroffener Zellen, die Analyse der viralen Vermehrungsfähigkeit und die Abschätzung des Schädigungsausmaß (Virulenz) in jedem Organsystem waren hier die primären Zielsetzungen.

Ad 4) Voraussetzung sowohl für die präklinische Testung potentiell anti-viral wirksamer Substanzen gegen SARS-CoV-2, als auch für die Einschätzung des Einflusses von Begleitmedikationen wie Blutdrucksenkern auf den Infektionsverlauf ist es, geeignete Infektionsmodelle zu identifizieren. Da nicht von einer gleichwertigen Permissivität der verschiedenen Organsysteme auszugehen war, mussten diese, wie in 2) und 3) erwähnt, zunächst identifiziert werden. Geeignete Modelle weisen idealerweise eine robuste und reproduzierbare virale Vermehrungsfähigkeit auf und erlauben die Untersuchung von Aspekten der Pharmakokinetik (z.B. Resorption) und -dynamik (z.B. Dosis-Wirkungsbeziehung, Wirkmechanismus). Ferner lassen sie Schlussfolgerungen auf eine Beeinflussung / Absenkung der Virulenz und auf potentielle Nebenwirkungen zu. Diese Modelle wurden in „Organo-Strat“ identifiziert und betrieben, die gewonnenen Daten wurden zeitnah zur Nutzung in klinischen Studien zu Verfügung gestellt.

In der ersten Förderperiode wurde ein bundesweites Netzwerk zur organspezifischen Stratifikation (Organo-Strat) etabliert, welches sich aus Expertinnen und Experten für humane Organmodellsysteme und virale Infektionen sowie für Daten- und Qualitätsmanagement zusammensetzt. Definierte Prozessketten, welche der Zielerreichung dienen, wurden vereinbart und umgesetzt, so dass eine qualitäts-kontrollierte, transparente und verfahrensstandardisierte Infrastruktur aufgebaut werden kann. Für den Austausch von Meta-Daten, Protokollen und Standards innerhalb des Netzwerkes wurde eine Informationsplattform „Organo-Strat Sharepoint“ etabliert. Diese dient als zentrale Kommunikationsschnittstelle für das Qualitätsmanagement, welches im gesamten Verbund Prozesse und Methoden übergreifend harmonisiert. In der Verknüpfung mit dem Datenmanagementsystem SODAR werden alle Informationen mit experimentellen Daten zusammengeführt, nach F.A.I.R. Prinzipien aufbereitet und gespeichert sowie in standardisierten Workflows analysiert. Die prozessorientierte und modulare Organisation von Organo-Strat erlaubt eine flexible Anpassung der Netzwerkpartner (Standorte) und Adaption der Zielsetzungen bei sich verändernden Rahmenbedingungen. Durch die präklinische und komplementäre Ausrichtung ist Organo-Strat ein inhärenter Verbund innerhalb des NUM zur Bekämpfung der aktuellen Pandemie sowie darüber hinaus (pandemic preparedness).

Derzeit wirken 9 Universitätskliniken sowie weitere außer-universitäre Partnerinstitutionen in Organo-Strat mit. Durch die sehr rasche Konstitution des Verbundes konnten bereits zentrale Ergebnisse erhoben und hochrangig publiziert werden.

Als wesentlicher und zentraler Beitrag zum Verständnis des Organotropismus und der Beteiligung verschiedener Organsysteme bei COVID-19 ist derzeit ein „Living Systematic Review“ im Aufbau, welcher bei PROSPERO registriert wurde.