Ad 1) Bundesweit gab es zahlreiche, jedoch vereinzelt agierende Expertengruppen für sowohl humane, organrepräsentative Modellsysteme, die bislang nicht im Infektionskontext arbeiteten. Daneben gab es auf SARS-CoV-2 Infektionen spezialisierte BSL3-Labore, denen der Zugang zu entsprechenden aussagekräftigen organbezogenen Infektionsmodellen fehlte. Um eine systematische, organspezifische Stratifikation bei COVID-19 zu etablieren, bedurfte es somit einer nationalen Zusammenarbeit in Form eines neuen Netzwerkes, bestehend aus den genannten Akteuren sowie weiteren Partnern, die für eine strukturelle und effektive Umsetzung und Erarbeitung von belastbaren Ergebnissen notwendig waren. Ziel war es, mit genannten Gruppen und zugeordneten Rollen ein Netzwerk strukturell zu etablieren, in welchem Standards für Organmodelle, gezielte Infektionen, native Gewebe und Autopsieproben, Analysen und das Datenmanagement in Form einer vereinbarten Prozesskette für COVID-19 und darüber hinaus wirksam werden konnten.
Ad 2) Nach Kenntnisstand zu Projektbeginn mussten für SARS-CoV-2 permissive Zellen spezifische Wirtsfaktoren mitbringen, welche den viralen Eintritt, die Reifung und Vermehrung unterstützen. Die Literaturlage bzgl. Beteiligung verschiedener Organsysteme und deren Zelltypen war jedoch bislang uneindeutig und fragmentiert. Belastbare Daten, welche eine Inter-Organ-Relation von permissivitätsbestimmenden Wirtsfaktoren auf mRNA und Proteinebene zulassen, waren dringend erforderlich und mussten zudem mit viraler Vermehrungsfähigkeit und den individuellen Spenderdaten in Zusammenhang gesetzt werden. Die Bestimmung dieser Faktoren und Beziehungen wurde innerhalb von „Organo-Strat“ verfolgt und in nativen bzw. COVID-19 Geweben abgeglichen. Durch den Aufbau von spenderindividuellen nativen Gewebe- und Organoidbanken entstand zudem die Möglichkeit, zukünftig Fragestellungen der personalisierten Medizin zu prüfen.
Ad 3) Virusinfizierte Zellen unterziehen sich i.d.R. definierten Schädigungsmechanismen und setzen währenddessen, und zum Zwecke der Immunaktivierung, weitere Faktoren frei. Die Identifikation betroffener Zellen, die Analyse der viralen Vermehrungsfähigkeit und die Abschätzung des Schädigungsausmaß (Virulenz) in jedem Organsystem waren hier die primären Zielsetzungen.
Ad 4) Voraussetzung sowohl für die präklinische Testung potentiell anti-viral wirksamer Substanzen gegen SARS-CoV-2, als auch für die Einschätzung des Einflusses von Begleitmedikationen wie Blutdrucksenkern auf den Infektionsverlauf ist es, geeignete Infektionsmodelle zu identifizieren. Da nicht von einer gleichwertigen Permissivität der verschiedenen Organsysteme auszugehen war, mussten diese, wie in 2) und 3) erwähnt, zunächst identifiziert werden. Geeignete Modelle weisen idealerweise eine robuste und reproduzierbare virale Vermehrungsfähigkeit auf und erlauben die Untersuchung von Aspekten der Pharmakokinetik (z.B. Resorption) und -dynamik (z.B. Dosis-Wirkungsbeziehung, Wirkmechanismus). Ferner lassen sie Schlussfolgerungen auf eine Beeinflussung / Absenkung der Virulenz und auf potentielle Nebenwirkungen zu. Diese Modelle wurden in „Organo-Strat“ identifiziert und betrieben, die gewonnenen Daten wurden zeitnah zur Nutzung in klinischen Studien zu Verfügung gestellt.